Theater HORA

Theater HORA
Theater HORA
© BAK/Gneborg

Theater HORA

Eine freie Republik

Schweizer Grand Prix Theater / Hans-Reinhart-Ring 2016

Das Theater HORA in Zürich ist eines der wenigen professionellen Theater von und mit Menschen mit einer geistigen Behinderung in der Schweiz, das heute weit über die Landesgrenzen bekannt ist. Nach einem ersten Projekt 1989 gründete der Theaterpädagoge Michael Elber das Theater HORA, das 2003 Teil der Stiftung Züriwerk wurde und seitdem die erste und bis heute einzige professionell arbeitende Kulturwerkstatt für geistig behinderte Künstlerinnen und Künstler in der Schweiz ist. Der Name geht auf das erste Theaterprojekt nach Michael Endes Roman «Momo» mit der Figur des Meister Hora zurück. Seit 2009 bietet das Theater HORA Menschen mit einer geistigen Behinderung zudem eine anerkannte Schauspiel-Ausbildung an. Der zweite Hauptbereich der künstlerischen Arbeit ist die Erarbeitung von Bühnenproduktionen, sei dies in Eigenproduktionen oder in der Zusammenarbeit mit externen Theaterschaffenden. Ausgezeichnet wurde das Theater HORA 1998 mit dem Sozial- und Kulturpreis der ZFV-Unternehmungen oder 2015 mit dem Anerkennungspreis der Paul-Schiller-Stiftung. Die Produktion «Disabled Theater» vom französischen Choreographen Jérôme Bel wurde 2013 zum Berliner Theatertreffen eingeladen, Julia Häusermann erhielt dort den Alfred-Kerr-Darstellerpreis und das Stück wurde auch mit einem Schweizer Tanzpreis ausgezeichnet. 160 Vorstellungen an zahllosen wichtigen Spielorten und Festivals des globalen zeitgenössischen Theaterbetriebs von New York bis Macau markieren die Erfolgsgeschichte des Stücks.

Ziel der Arbeit des Theater HORA ist es, die künstlerische und kreative Entwicklung von Menschen mit einer geistigen Behinderung zu unterstützen und zu fördern und ihr aussergewöhnliches, von den einzelnen Persönlichkeiten geprägtes Können einem breiten Publikum zu zeigen. Dahinter steckt die Ansicht, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung über Fähigkeiten und Stärken verfügen, durch die sie in künstlerischer Hinsicht einen kompetenten gesellschaftlichen und kulturellen Beitrag leisten können. Somit wird auch ein Umdenken im Bereich der Behindertenorganisationen und in unserer Gesellschaft gefordert. Neben Bühnenwerken wie dem besonders erfolgreichen «Disabled Theater» oder der sogenannten «Beatrice Egli»-Trilogie «Human Resources», «Mars Attacks!» und «Normalität. Ein Musical» ̶ um nur die jüngsten der über 50 Theaterprojekte zu nennen ̶ sorgt das auf drei Jahre angesetzte radikale Experiment «Freie Republik HORA» für Aufsehen, in dem ohne Spielvorlage, Autorin oder Regisseur das Ensemble eigene Themen auf die Bühne bringt. Zum Gesamtpaket der HORA-‚Republik‘ zählen ein Förderverein, das von 2007 bis 2013 biennal veranstaltete Festival «OKKUPATION!», Workshop-Angebote oder die Hora’Band, die jüngst auch mit der Zürcher Gruppe Jaccard/Schelling Drift in «Bad Advice» auftrat.

«Das Theater Hora schreibt mit seinen fast 25 Lebensjahren ein Stück Theatergeschichte der grossen und grossartigen Wandlung. Was 1993 als Zürcher Kulturwerkstatt für Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung begann, ist heute eine freie Republik. Ein radikales, ästhetisches System, das sich durch nichts und von niemandem behindern lässt. Das Theater Hora macht professionelles Theater mit Menschen, die aus den gesellschaftlichen Normalitätsnormen fallen, und diese Künstlerinnen und Künstler halten der Gesellschaft einen irrsinnig lebendigen Spiegel vor die Nase.
Mit seiner unermüdlichen, künstlerischen Arbeit steht das Theater HORA heute für die Anarchie des Lebens, für den Spass am Scheitern und die Vielfalt des Daseins.»

Kaa Linder, Jurymitglied