Video: Marc Asekhame, Paris/Zürich
Cut: Max Wuchner, Paris
Photos: Marc Asekhame
Coordination: mille pages, Mirjam Fischer, Zürich
Statements by :
• Christoph Hefti, Brüssel
• Fausto Colombo, Zürich
• Yann Poënset, Les-Plamns-Sur-Bex

Ida Gut

Modedesign als architektonische Präzisionsarbeit

Ida Gut entwirft seit bald 30 Jahren Mode mit unverkennbarer Handschrift. Sie gehört zu den bekanntesten Modedesignerinnen der Schweiz, ihr Modelabel steht für eine einzigartige Schnitttechnik, hochwertige Materialien, handwerkliches Können und professionelle Kontinuität.

Aufgewachsen ist Ida Gut in Appenzell, sie machte eine Schneiderinnenlehre und absolvierte ein Studium an der Hochschule der Künste in Zürich, bevor sie 1993 ihre erste eigene Kollektion entwarf. Drei Jahre später eröffnete sie ihren ersten Laden mitten in Zürich und verband damit höchst produktiv die beiden Schaffensbereiche Entwurf und Verkauf. 2007 zog sie mit ihrem Atelierladen an die Ankerstrasse 112 im Kreis 4.

Ida Gut gilt als Virtuosin der Schnittkunst. Jedes ihrer Stücke entwirft sie mit einer Mischung aus Neugier, Disziplin und Sachverstand sowie einem klaren Blick für schnörkellose Schönheit. Im Entwicklungsprozess probiert sie Schnitte aus, verwirft sie, entwickelt sie weiter – jedes Detail muss im Zusammenspiel mit dem Gesamtentwurf und der Materialität stimmen. «Mir gefällt es, die Konstruktion eines Kleidungsstücks sichtbar zu machen oder die Vielschichtigkeit zu thematisieren. Verhüllt sein, aber nicht komplett verdeckt sein.» Für Ida Gut ist Modedesign eine architektonische Präzisionsarbeit. Umgekehrt kann die Eigenheit eines Stoffes auch die Form einer Silhouette inspirieren. In einer anspruchsvollen Technik werden Ärmel und Rücken oft ohne Naht aus einem Stück Stoff geschnitten. So fällt der Stoff an den Ärmeln schräg zur Webrichtung, legt sich dafür aber in weiche Falten und umfliesst den Körper.

Die sorgsame Auswahl und Verwendung qualitativ hochwertiger Materialien und spezieller, aber auch alltagstauglicher Stoffe ist ein weiteres wichtiges Markenzeichen von Ida Gut. Funktionsmaterialien kombiniert sie mit extravaganten Stoffen. Ihre profunden Kenntnisse im Modedesign liessen sie während mehrerer Jahre erfolgreich an der Textilentwicklung einer deutschen Firma beteiligen. Nebst dem Entwerfen von Stoffen entwickelte sie ab 2000 herausragende Bekleidungskonzepte wie das Outfit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Schweizer Pavillons an der Expo 2000 in Hannover oder die Berufskleidung für die rund 40 000 Verkaufsangestellten der Migros, die sie einige Jahre später noch einmal überarbeitete und erweiterte. Für die Uniformen einer Hotelkette spielte sie mit Elementen der Appenzeller Tracht. Grosse Anerkennung erhielt Ida Gut, als sie die Ausschreibung für die Uniformen der Swissair und deren Bodenorganisation gewann, ein aussergewöhnlicher Auftrag, der aber bedauerlicherweise infolge des Swissair-Groundings nicht realisiert werden konnte.

Sämtliche Stücke werden in der Schweiz produziert. Der nahe Produktionsstandort ermöglicht reibungslose und flexible Prozesse. Dem sich immer schneller drehenden Modekarussell mit all den Zwischenkollektionen stellt Ida Gut eine rollende Produktion gegenüber, um laufend neu oder auch nachproduzieren zu können. Ida Gut weiss um den grossen Wert einer guten und verlässlichen Zusammenarbeit, die auf einem gesamtheitlichen und ähnlichen Verständnis von der Gestaltungsidee und deren Umsetzung basiert. Nur so kann Individualität produziert werden. «Innovation entsteht da, wo die Produktionskette intakt ist und ein Wissenstransfer in beide Richtungen stattfindet.»

Die enge und fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft sichert ein gesundes Wachstum dank intensiver Auseinandersetzung mit den Bedingungen des Modemarkts, dank steter Optimierung von Abläufen, Erproben neuer Verkaufsformate und der ständigen Weiterentwicklung der Kommunikation. Dies alles und nicht zuletzt der rege Austausch im sechsköpfigen Team gehört zum Erfolgsrezept von Ida Gut.
In Zeiten, in denen die Modeindustrie unter starkem Druck leidet, sorgt Ida Gut mit unkonventionellen, qualitativ hochstehenden Produkten, mit persönlicher und fachkundiger Beratung und einem unverwechselbaren Ladenambiente über einen langen Zeitraum für Kontinuität. Die mehrheitlich weibliche Kundschaft kommt ganz bewusst in dieses Verkaufslokal, nicht nur weil sie dort eine spezifische Beratung erfährt, sondern weil die explizit auf Ida Guts Wünsche zugeschnittene Raumarchitektur in dem ehemaligen Fabrikgebäude die gleiche Sprache spricht wie die hier ausgestellte Mode.

So klar der Entwurf und so schlicht die Ästhetik auch ist – Ida Guts Kleidungsstücke überzeugen vor allem durch gute Passform und gleichzeitig durch starken Ausdruck und Charakter, der je nach Trägerin und Träger variiert.
Es gelingt ihr immer wieder von Neuem, zeitloses Design für Menschen jeden Alters und unterschiedlicher Figur zu schaffen, mit gleichbleibendem Anspruch in Sachen Stil, Qualität und Innovation. Die Vision vom Tragekomfort, der ein Kleidungsstück unverzichtbar macht, ist bei Ida Gut Realität geworden.

Mirjam Fischer

Ida Gut
© Foto: Franz Rindlisbacher