Anne Delahaye

© BAK / Charlotte Krieger

Anne Delahaye

Herausragende Interpretin

Schweizer Preis Darstellende Künste 2024

Anne Delahaye wurde 1975 in Frankreich geboren, studierte klassischen Tanz in Tours und schloss 1995 am Conservatoire National Supérieur in Lyon eine zeitgenössische Tanzausbildung ab. Sie besitzt auch ein tanzpädagogisches Diplom (1996) und ein weiteres in Alexandertechnik (2021). 2001 ging sie nach Berlin, wo sie bei Isabelle Schad eine Arbeit über «Komposition in Echtzeit» begann. Dieser Ansatz prägt ihre weitere Arbeit als Performerin und Choreografin. Als Tänzerin wirkte sie in Werken u. a. von Jean-François Duroure, Felix Ruckert, Sylvie Giron, Philippe Saire, Marco Berrettini und der Cie Alias. Seit 2001 ist sie an den meisten Aufführungen und Performances von Massimo Furlan beteiligt und hat mehrfach mit Nicole Seiler zusammengearbeitet. 2017 war sie ausserdem an der Seite von Ruth Childs an der Wiederaufnahme von vier historischen Performances der amerikanischen Choreografin Lucinda Childs beteiligt. Als Choreografin realisiert sie mit der Compagnie de Genève persönliche Forschungsarbeiten an der Schnittstelle von zeitgenössischem Tanz, visuellen Künsten, Performance und Theater.

Anne Delahaye machte in der zeitgenössischen Westschweizer Szene seit Ende der 1990er Jahre auf sich aufmerksam. Die Bandbreite ihrer Auftritte ist gross – so zeigte sie zusammen mit Nicolas Leresche 2008 «Magica Melodica», mit dem sie in Frankreich den Preis circusnext 2007-2008 gewann. Gemeinsam kreierten sie mehrere Stücke und Performances, darunter «Parc National» (2015), das für die Swiss Dance Days 2017 ausgewählt wurde. 2020 kreierte Nicole Seiler für Anne Delahaye und den Musiker und Performer Christophe Jaquet im Rahmen des Tanzfestes «C’est sérieux». Die beiden waren bereits in anderen Stücken von Nicole Seiler zusammen zu sehen, etwa in «Sekunden später… zog sich die Gestalt in die Schatten zurück», das an den Swiss Dance Days 2019 präsentiert wurde. Ihre schauspielerischen Fähigkeiten setzt sie auch in Theaterproduktionen und Performances ein, darunter in Produktionen der Genfer Theatergruppe Les Fondateurs. Im Herbst 2024 ist sie an der nächsten Produktion von Massimo Furlan und Claire de Ribaupierre im Théâtre de Vidy beteiligt und arbeitet für 2025 mit Marius Schaffter vom Kollektiv Old Masters.

Anne Delahaye hat ihren festen Platz in der Tanzszene. Mit den meisten Choreografinnen und Choreografen der Region hat sie schon zusammengearbeitet und ihre eigenen Stücke kreiert sie mit der Compagnie de Genève. Sie ist Tänzerin, praktiziert die Alexander Technik und verfügt über ein bemerkenswertes Geschick und einen ausgeprägten Sinn für die Interdisziplinarität. Ihre Omnipräsenz zeugt nicht nur von ihrer Kompetenz, sondern auch von grosser Offenheit und Neugierde gegenüber anderen Welten und künstlerischen Fragestellungen – und vor allem von der Fähigkeit, aktiv an Schaffensprozessen mitzuarbeiten. In einer Sparte, in der die Tendenz besteht, Choreografinnen und Choreografen auf Kosten der Tänzerinnen und Tänzer zu vergöttern, gehört Anne Delahaye zu denjenigen, die daran erinnern, dass das Tanzen selbst eine Kunstform für sich ist.

Gabriel Schenker, Jurymitglied