«Wir spürten Künstler und Autorinnen auf, deren Interessen und Fragestellungen wir relevant fanden, vertrauten Hinweisen von kompetenten Leuten, flochten unser Beziehungsnetz. Als ein transatlantischer Brückenschlag der Kunstbetrachtung erschien Parkett zweisprachig, deutsch-englisch. Wir hatten ein Büro in Zürich und eines in New York, arbeiteten immer direkt mit den Künstlern.»
«Mir schwebte ein Akademiemodell vor, das sich am Hain des Akademos orientierte, wo im antiken Athen flanierend philosophiert wurde. So organisierten wir die Akademie einmal im Botanischen Garten in Bern.»
Jacqueline Burckhardt vereint viele Talente in sich, sie ist Restauratorin, Kunsthistorikerin, Kuratorin, Autorin, Herausgeberin, Organisatorin. Mit ihrer Leidenschaft für die Kunst amalgamiert sie alle Tätigkeitsbereiche in ihrem Leben. Genuine Neugierde und die Affinität zur Kunst leiten sie dabei. Die Grundlage im Umgang mit der Kunst basiert auf den Erfahrungen ihrer Ausbildung als Restauratorin am römischen Istituto Centrale del Restauro. Diese Kenntnisse vereinen primär die unmittelbare Anschauung, das Sich-in-den-Dienst-des-Kunstwerkes-Stellen sowie das Bewusstsein der Durchdringung von Theorie und Praxis. Das Studium der Kunstgeschichte an der Universität Zürich ergänzte die gelebte Einheit der theoretischen Kenntnisse und der ästhetischen Erfahrung mit der Kompetenz der kunsthistorischen Analysen.
Jacqueline Burckhardt ist Mitbegründerin und Redaktorin der Kunstzeitschrift Parkett. 33 Jahrelang, von 1984 bis 2017, prägte sie das Profil der Zeitschrift wesentlich mit. Parkett stellte die aktuelle Kunst der Zeit zur Diskussion, und zwar mit Schwerpunkt auf dem transatlantischen Transfer der Kunst und Künstlerbeziehungen, und dies zweisprachig, deutsch-englisch. Der Erfolg war überwältigend, nicht zuletzt wegen der Nähe zu den Kunstschaffenden. Aus der heutigen Perspektive lesen sich die insgesamt 101 Heftnummern als Kunstgeschichte der damaligen Zeit. Parkett gab über 300 Kunstschaffenden eine Bühne – sie aufzuzählen, liest sich wie ein Inhaltsverzeichnis eben dieser Kunstgeschichte, von Richard Artschwager zu Laura Owens, von Tauba Auerbach zu Robert Wilson, von Cosima von Bonin zu Jimmie Durham, von Maurizio Cattelan zu Sylvie Fleury, von Fischli/Weiss zu Katharina Fritsch. Es finden sich dort Stars wie Meret Oppenheim, Andy Warhol, Roni Horn, Paul McCarthy, Isa Genzken, Richard Serra, Monica Bonvicini neben Geschichtenerzählenden wie Sam Taylor-Wood, Mika Rottenberg, Karen Kilimnik, Sophie Calle, und die Welterklärer Alighieroe Boetti, Camille Henrot, Pipilotti Rist neben den Poeten Luc Tuymans oder Tacita Dean. Ob Puristinnen, Erzähler, Demiurgen oder Welterklärerinnen – immer sind die Kunstschaffenden der spezifischen Ästhetik der künstlerischen Ökonomie der Mittel sowie dem Bewusstsein der Erscheinungsweise des Kunstwerkes verpflichtet.
Begleitend zu ihrer Vermittlungstätigkeit in Parkettinitiierte sie ein Performanceprogramm im Kunsthaus Zürich. Auf diese Weise erhielt Laurie Anderson ein treues Züricher Publikum. Gleichsam als Intendantin leitete Burckhardt zehn Jahre lang die Sommerakademie am Zentrum Paul Klee in Bern. Unter ihr etablierte sich die Akademie in Bern in der Welt der Kunstschaffenden und wurde zu einem wichtigen Begegnungsort der aktuellen Kunstdebatten. An der Accademia di architettura in Mendrisio lehrte sie den zukünftigen Architekten die Grundlagen der Kunst. Für den Novartis Campus in Basel setzte sie (2005–2015) ein komplexes Bildprogramm mit Künstlern und Künstlerinnen in Szene, sodass dieses Gelände das Narrativ der Forschung und Geschichte der Pharmaindustrie abbildet. Sie präsidierte verschiedene Gremien wie die Fondation Nestlé pour l’Art oder von 1998 bis 2006 die Eidgenössische Kunstkommission und setzte somit Akzente in der schweizerischen Kulturpolitik. Der deutsche Künstler Sigmar Polke wünschte sich für sein Vorhaben der Erneuerung der Glasfenster am Grossmünster in Zürich Jacqueline Burckhardt als fachkundige Begleiterin seines künstlerischen Prozesses. Programmatisch könnte man sie als Regisseurin der verlebendigten Kunstvermittlung bezeichnen, in Anspielung an ihre Doktorarbeit Giulio Romano, Regisseur einer verlebendigten Antike.
Jacqueline Burckhardt, geboren 1947 in Basel, ist Restauratorin, studierte Kunstgeschichte an der Universität Zürich und gründete 1984 die Kunstzeitschrift Parkett mit. Sie lebt in Zürich.