Margherita Palli
Meisterin der Szenografie
Schweizer Theaterpreis 2015
Margherita Palli, geboren 1951 in Mendrisio, Tessin, ist heute die wichtigste Bühnenbildnerin Italiens. Sie studierte Szenografie an der Accademia di Belle Arti di Brera in Mailand. Von 1980 bis 1984 assistierte sie Gae Aulenti beim Umbau des Pariser Gare d’Orsay zu einem Museum. Mit ihr debütierte sie auch als Bühnenbildnerin. Von 1984 bis 2014 arbeitete sie eng mit Luca Ronconi zusammen, einem der wichtigsten italienischen Regisseure der Nachkriegszeit. Sie inszenierten regelmässig in Mailand am Piccolo Teatro und an der Scala, in Venedig, Bologna, Turin wie in Paris, München, Brüssel oder Tokio. Palli gewann unzählige Preise, darunter mehrfach den wichtigsten italienischen Theaterpreis UBU, den Premio Abbiati der italienischen Musikkritiker oder 2007 den Preis der italienischen Theaterkritiker.
Palli inszenierte mit Ronconi Opern wie «Lodoiska» von Luigi Cherubini (La Scala) und Schauspiele wie «Ignorabismus» von Arno Holz (Il Fabriccione, Prato), «Quer pasticciaccio brutto de via Merulana» von Carlo Emilio Gaddo (Teatro di Roma) oder «Lolita» von Nabokov (Piccolo Teatro di Milano). Sie arbeitete u.a. mit Franco Branciaroli, Valter Malosti oder Mario Martone. Mit Cesare Lievi inszenierte sie 2005 Händels «Julius Cäsar» am Opernhaus Zürich. Ausserdem gestaltet sie viele Ausstellungen. Palli unterrichtet seit 1991 Szenografie an verschiedenen Hochschulen – sie leitet seit 2006 den Bachelor für Theaterdesign an der Nuova Accademia di Belle Arti Milano, ist Professorin an der Universität von Venedig und lehrt an der Akademie für Architektur der Universität der italienischen Schweiz in Mendrisio. 2014 publizierten die Freunde der Mailänder Scala eine Monografie zu Palli.
«Margherita Palli ist Die Bühnenbildnerin des italienischen Theaters. In Zusammenarbeit mit Luca Ronconi entstanden Theatervorstellungen, die dank Pallis ungekünstelter Bühnenbilder unvergesslich sind. Sie selbst bezeichnet diese als verzerrt. Wie eine Barockarchitektin verfolgt sie das Ziel, das empfindliche Gleichgewicht zwischen strikter Geometrie und kühner Fantasie zu finden. So entstehen Gebilde, die zerrissen, liegend, horizontal oder vertikal angeordnet sind. Ausgeklügelte Vorrichtungen, Gestelle, Laufstege und Brücken, einstürzende Wände und explodierende Räume enthüllen die Intimität der Charaktere. Dabei bleibt alles stets plausibel, als ob es so und nicht anders sein soll, als ob es die Realität abbilden würde. Palli, stolz auf die italienische Kultur, heiter und herzlich, bedauert nur etwas: dass es keinen italienischen Begriff gibt, der wie in der deutschen Bezeichnung Schauspiel die Aspekte des Spielens und des Aufführens in sich vereint. Denn für sie sind Theateraufführung und Spiel ein und dieselbe wunderschöne Sache.»
Gianfranco Helbling, Jurypräsident