Dear Aisha, Volume 1. Can i have a minute of your time
Ein kleines, dünnes Textbuch mit beigem Hardcover des US-amerikanischen Künstlers Daniel Bejar, das von Identitätsdiebstahl und Phishing Emails handelt, inszeniert ein gestalterisches Spiel mit diversen Fallen. Auf den ersten Blick ist es schwer zu kategorisieren und wirkt am ehesten wie ein Briefroman; eine kalligrafische Schrift evoziert sogar Liebesbriefe. Der Text erweist sich aber als Email-Austausch des Künstlers mit unbekannten Betrügern, die im Namen von Aisha Gaddafi – Tochter des 2011 getöteten lybischen Staatschefs – Hilfe beim Zugang zu einem verwaisten Millionen-Konto suchen. In Reaktion darauf posiert der Künstler als Saadi Gaddafi, ein Bruder Aishas, welcher seinerseits 2011 in einem durch mexikanische Behörden aufgedeckten Identitätsdiebstahl angeblich unter dem Namen von Daniel Bejar einreisen wollte. Der absurde Email-Verkehr verläuft über 150 Seiten mit viel Weissraum und wird nur durch kleine, zwischen die Seiten eingelegte Zettel unterbrochen, die bunte Online-Fake-Werbungen zeigen. Wie unerwünschte Pop-ups erfordern sie eine direkte Interaktion:
zurücklegen oder wegschmeissen? Meist wirken solche Inlays als Gestaltungsmittel etwas bemüht, doch hier sind sie thematisch passend und unterstreichen zudem den humoristischen Ansatz des Buches. Die Gestaltung kommt mit wenigen, aber präzisen Entscheidungen aus.
