Luca Zanetti

Awarded

Luca Zanetti

Fotoserie 'The Truth needs Allies'

Fotografie

Jurybericht

Bilder, die bewegen
Wie kön­nen Ohn­macht und Schmerz von über­le­ben­den ins Bild ge­rückt wer­den, ohne dabei voy­eu­ris­tisch zu wer­den? Wäh­rend meh­re­rer Mo­na­te hat der in Bo­go­ta und Zü­rich le­ben­de Fo­to­graf Luca Za­net­ti in Ko­lum­bi­en Aus­gra­bungs­teams be­glei­tet. Za­net­ti kon­fron­tiert uns in sei­nem Fo­to­pro­jekt 'The Truth Needs Al­lies' mit Bil­dern, die nahe gehen. Auf einer Auf­nah­me sehen wir eine Frau in einem Re­gen­man­tel, eine Ka­pu­ze auf ihrem Kopf, neben ihr eine ge­blüm­te Ta­sche im Wur­zel­ge­flecht. Sie blickt in Rich­tung der Ka­me­ra – wir sehen nicht, was sie sieht. Iso­liert be­trach­tet wirkt die Auf­nah­me un­spek­ta­ku­lär, wäre da nicht die An­span­nung im Ge­sicht der Frau. Die Bild­le­gen­de klärt uns auf: Die Frau ist die Witwe eines Er­mor­de­ten – ihr Blick ist auf die Aus­gra­bung ge­rich­tet. In den letz­ten vier Jahr­zehn­ten des ko­lum­bia­ni­schen Bür­ger­kriegs sind schät­zungs­wei­se 20'000 bis 50'000 Men­schen ver­schwun­den. Die Ge­tö­te­ten sind Opfer eines er­bit­ter­ten Kamp­fes zwi­schen mar­xis­ti­scher Gue­ril­la, Re­gie­rungs­trup­pen und rechts­ge­rich­te­ten Pa­ra­mi­li­tärs. über 350 Lei­chen wur­den in den letz­ten zwei Jah­ren aus­ge­gra­ben, man­che in An­we­sen­heit von über­le­ben­den Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen. Ein nächs­tes Bild zeigt das Ge­sche­hen in der To­ta­le. Man sieht nun, was die Frau sieht. Zwei Män­ner in Schutz­an­zü­gen, mit Atem­mas­ken und Spa­ten, da­ne­ben auf einem Plas­tik die bis­her aus­ge­gra­be­nen Ske­lett­tei­le. In einer an­de­ren Auf­nah­me be­rührt eine alte Dame mit schüt­te­rem Haar ein un­för­mi­ges, in Plas­tik ver­pack­tes Paket. Es sind die sterb­li­chen über­res­te eines An­ge­hö­ri­gen. Luca Za­net­ti, Ab­sol­vent der Fo­to­f­ach­klas­se an der Zür­cher Hoch­schu­le der Küns­te (ZHdK), fin­det in sei­nen Schwarz­weiss­fo­to­gra­fi­en die rich­ti­ge Ba­lan­ce zwi­schen emo­tio­na­ler Teil­ha­be und Dis­tanz. Er bringt uns das Leid der An­ge­hö­ri­gen auf un­auf­dring­li­che Weise nahe. Seine Hal­tung zeugt vom Re­spekt, den er den Por­trä­tier­ten ent­ge­gen­bringt und von der Sorg­falt im Um­gang mit dem Me­di­um Fo­to­gra­fie. Sein Ver­dienst ist es, der Welt­öf­fent­lich­keit die­ses wenig be­kann­te Thema näher zu brin­gen. Auch wer die po­li­ti­schen Hin­ter­grün­de der Fo­to­re­por­ta­ge nicht kennt, ist be­trof­fen von der Ein­dring­lich­keit der Bil­der und ihrem hu­ma­nis­ti­schen Ap­pell.
Peter Stoh­ler

Biografie

Luca Zanetti
Geboren
1971

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