Old Masters
Plastische Gesamtkunstwerke
Schweizer Preis Darstellende Künste 2024
2014 gründeten der Schauspieler und Dramaturg Marius Schaffter, Jg. 1980, der Szenograf und bildende Künstler Jérôme Stünzi, Jg. 1981, und die Autorin, bildende Künstlerin und Szenografin Sarah André alias André André, Jg. 1984, das Theaterkollektiv Old Masters mit Sitz in Genf. Sie verstehen eine Theaterproduktion als plastisches Gesamtkunstwerk und schaffen Welten mit einer ungewöhnlichen und radikalen Ästhetik. Für jedes Projekt eignen sie sich unterschiedlichste Praktiken und Diskurse an – sie können künstlerisch, alltäglich, politisch oder auch wissenschaftlich sein. Ihre Lieblingsmittel sind Absurdität, Aufrichtigkeit, Ironie, Schönheit und Traurigkeit, um gemeinsam zu erforschen, was Freiheit heute sein könnte – eine Freiheit, die verortet, veränderlich und immer auf der Suche nach sich selbst ist. Die drei Mitglieder realisieren auch diverse eigene Projekte und arbeiten mit weiteren Kunstschaffenden wie Nicholas Stücklin, Sofia Teillet, Joana Oliveira, Charlotte Herzig, Jonas Bühler oder Jérémy Chevalier zusammen.
Ihr jüngstes Stück «Das Haus meines Geistes» (2022) ist das erste für ein junges Publikum. Im Sinne der Nachhaltigkeit setzten es Old Masters aus Elementen früherer Werke zusammen. In der Geschichte, in der Jonathan zu Besuch zu Kim, Klöb und Mauro kommt, bietet das Spiel mit Objekten einen Zufluchtsort, um die Welt, die wir zu kennen glauben, neu zu erfinden. Das Stück begeistert derzeit in verschiedenen Sprachfassungen im In- und Ausland gleichermassen Jung und Alt, beispielsweise zur Eröffnung des jungspund – Theaterfestivals in St. Gallen im Frühjahr 2024. Das erste Stück des Genfer Kollektivs, «Constructionisme», wurde 2014 von Marius Schaffter und Jérôme Stünzi als Duo umgesetzt. Es ist eine Art Vortrag, eine urkomische Performance, die grösstenteils improvisiert und im Dialog mit dem Publikum ein Objekt seziert und so auch Kunstkritik übt. Ausgezeichnet 2015 mit dem Premio-Preis, tourt das Stück bis heute auch in Museen. Weitere Werke von Old Masters sind «Fresque» (2016), «L’Impression» (2018), «Le Monde» (2019) und «Bande originale» (2021), die alle noch im Repertoire sind.
In schwierigen Zeiten wie den heutigen, die geprägt sind von ökologischen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Problemen, ist das Schaffen des Kollektivs Old Masters besonders wertvoll, weil es über die Grenzen des Aktivismus hinausgeht. Old Masters stellen sich der Herausforderung, die negative und destruktive Absurdität, die unsere Welt beherrscht, mit der positiven und konstruktiven Absurdität ihrer künstlerischen Arbeit zu bekämpfen. Durch das Erschaffen von wortwörtlich fantastischen Welten, zeigt das Genfer Kollektiv neue Wege auf, um den Raum, die Zeit, die Materie und die Beziehungen zu erforschen und sich schliesslich dem eigenen Leben zu stellen. Ein Beitrag, den die heutige Gesellschaft dringend braucht, um in die Zukunft zu blicken.
Demis Quadri, Jurymitglied