Sandro Lunin

© BAK / Charlotte Krieger

Sandro Lunin

Weltenverbindender Programmmacher

Schweizer Preis Darstellende Künste 2023

Sandro Lunin, geboren 1958 in Zürich, zählt zu den prägenden Programmmachern der freien Theater- und Tanzszene nicht nur der Schweiz, sondern auch im Ausland. Seit gut 40 Jahren setzt er sich für diese Szene und insbesondere für den Austausch mit dem Globalen Süden ein. Ursprünglich ausgebildet als Primarlehrer, war er in den 1980er Jahren Co-Leiter des Theaters in der Roten Fabrik und Mitbegründer des Blickfelder-Festivals für junges Publikum (beides in Zürich). 1997 wurde er künstlerischer Leiter am Schlachthaus Theater Bern. Von 2007 bis 2017 verantwortete er das Programm des Zürcher Theater Spektakel. Seine letzte Station ab 2018 bis zu seiner Pensionierung im Sommer 2023 war die Kaserne Basel. In diesen Jahren gestaltete er zudem zweimal das biennal stattfindende Theaterfestival Basel. Er war in verschiedenen Gremien engagiert, u. a. als Vorstandsmitglied bei Reso – Tanznetzwerk Schweiz oder als Experte für die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia

In Sandro Lunins Programmgestaltung von Theater, Tanz und Performance stand der Nord-Süd-Dialog stets im Fokus. Als Veranstalter war er einer der ersten, der sich zudem für die innovativen, vom französischen Nouveau Cirque beeinflussten Zirkusformen einsetzte, den Strassenkünsten am Theater Spektakel einen eigenen Schauplatz gab und Nachhaltigkeit sowie Inklusion auf die Festivalagenda setzte. Parallel zu den zum Theaterfestival 2022 wieder möglichen Reisen erweiterte Sandro Lunin seinen internationalen Austausch mit Kuratorinnen und Kuratoren, indem er Fachleute aus Japan, Indien, Südafrika sowie zwei junge Schweizer Dramaturginnen in die Programmgestaltung miteinbezog. Das Thema eines kolonialen Blicks des weissen Europäers, der die finanziellen Möglichkeiten hat, exotische Künste aus aller Welt zu zeigen, ist ihm bewusst. Dennoch bot er insbesondere Kunstschaffenden aus Krisengebieten eine Bühne und baute mit einzelnen Compagnien langfristige Kollaborationen auf. Denn in den meisten Ländern des globalen Südens gibt es kaum staatliche Subventionen im Bereich der darstellenden Künste.

Sandro Lunin hat in den letzten Jahrzehnten als Theater- und Festivalleiter die freie Theater- und Tanzszene der Schweiz wesentlich mitgeprägt. Das Fördern von Künstlerinnen und Künstlern aus sogenannten Kontinenten des Südens, Lateinamerika, Asien, Afrika und dem Nahen Osten und der Austausch mit europäischen kulturellen Institutionen ist ihm ein zentrales Anliegen: vor Ort Arbeitsweisen der Künstlerinnen und Künstler kennenlernen, gegenseitiges Vertrauen aufbauen und längerfristige Kollaborationen ermöglichen. Seine konsequente kulturpolitische Arbeit hat wesentlich dazu beigetragen, dass Themen wie ökonomisches Gefälle, Diversität und kultureller Austausch auf Augenhöhe in unserer Theaterlandschaft angekommen sind.

Béatrice Goetz, Präsidentin Tanzjury