Ticino is Burning

Ticino Is Burning
© BAK / Charlotte Krieger

Ticino is Burning

Vision aus dem Tessin

Schweizer Preis Darstellende Künste 2022

Hinter dem bewusst provozierenden Namen «Ticino is Burning» stehen mit Alan Alpenfelt (*1982), Elena Boillat (*1988), Camilla Parini (*1984), Francesca Sproccati (*1984) und Simon Waldvogel (*1987) fünf Kulturschaffende, die in der italienischsprachigen Schweiz arbeiten. Sie riefen TIB ins Leben, um die Produktion in den darstellenden Künsten zu reflektieren und ein Netzwerk aufzubauen. Mit einer − wie der Name der Gruppe es ausdrücken soll − offensiven Kommunikation versuchen sie den schwierigen künstlerischen Austausch zwischen dem Tessin und dem Rest der Schweiz anzugehen. Ihre Vision ist neue Formen der Koexistenz zwischen unabhängigen Künstlerinnen und Künstlern, lokalen Veranstaltenden im Tessin und in anderen Sprachregionen der Schweiz zu schaffen. Gleichzeitig weisen sie auf die geografische Randlage, den Mangel an Tessiner Vertretungen bei nationalen Veranstaltungen und die Lohnunterschiede hin.

Um ihr Anliegen umzusetzen, suchte die Gruppe seit dem Start des Projekts mit einem Forschungsauftrag von Pro Helvetia 2020 den Kontakt mit Playern der gesamten Szene der darstellenden Künste der Schweiz. TIB präsentierten ihre Anliegen u. a. am M2ACT-Symposium des Migros Kulturprozent 2021 in der Zürcher Gessnerallee oder waren, als Palme verkleidet − Symbol für den Südkanton –, am Schweizer Theatertreffen 2022 in Chur bei allen Veranstaltungen auch stark visuell präsent. Ziele ihres Dialoges zwischen den Kulturszenen der Schweiz sind Brücken über den Rösti- und Polentagraben zu bauen und neue Modelle der Zusammenarbeit zu suchen. Sie suchen auch den Kontakt zu festen Institutionen im Tessin, um über eine gleichberechtigte und solidarische Zusammenarbeit zwischen einem Kollektiv junger Kulturschaffender und etablierten Organisationen nachzudenken.

«Exotik liegt so nah», lockte vor kurzem eine Werbekampagne für den südlichsten Kanton der Schweiz mit Bildern, die an eine rätselhafte, ferne Welt erinnerten. Mit einer Aktion, die zugleich Bruch und Annäherung ist, erschüttern «Ticino is Burning» unser Bild von der romantischen Andersartigkeit, um uns in die Realität zurückzubringen und uns dazu einzuladen, die konkreten Herausforderungen der kulturellen Vielfalt unseres Landes anzugehen. Sie erinnern uns daran, dass die Randregionen – wenn wir den Berg der einfachen Stereotype einmal überwunden haben – gar nicht mehr so fern und ganz bestimmt weniger wild sind, als ihre «Exotik» uns glauben lässt.

Cristina Galbiati, Jurymitglied