Awarded
Thomas Weisskopf
Zwei Fotoserien 'Tide' und 'Cut'
Fotografie
Awarded
Zwei Fotoserien 'Tide' und 'Cut'
Fotografie
Individuen oder Typologien?
Wie 'individuell' lassen sich 'exotische' Menschen auf Fotografien abbilden? Der in Zürich ausgebildete und bereits zum dritten Mal im Eidgenössischen Wettbewerb für Design ausgezeichnete Fotograf Thomas Weisskopf hat sich diesem Thema in zwei Fotoserien angenommen. Für das Langzeitprojekt 'Tide' hat er in Thailand über mehrere Jahre hinweg über hundert buddhistische Mönche und Nonnen fotografiert. Die schwarzweiss Porträtierten, vom 11- bis zum 75-jährigen, werden jeweils in identischer Pose vor einem neutralen Hintergrund gezeigt. Die Hände sind zum Gruss gefaltet, der Blick ist direkt in die Kamera gerichtet. Sind es Einzelporträts oder überwiegt die Typologie? Fixiert die Fotografie das Individuum oder steht das Kollektiv der Mönche und Nonnen im Vordergrund? Profitiert diese Fotografie vom Klischee, exotische Gesichter seien stereotyper als vertraute? Diese Fragen stellen solche Bilder, welche an die typlogische Fotografie eines August Sander erinnern. Eindeutige Antworten geben sie jedoch nicht.
Ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch Thomas Weisskopfs fotografisches Schaffen zieht, ist das Porträt. Dies manifestiert sich auch gekonnt in Weisskopfs farbiger Fotoreihe 'Cut'. Es werden Menschen dargestellt, die sich zwischen individuellem Anspruch und kollektiven Wunschbild bewegen. Verschiedene Individuen werden in identischer Manier fotografiert: mit entblössten Oberkörper und mit nur ansatzweise sichtbaren Brüsten. Auch hier wieder ein direkter, diesmal etwas versteinert wirkender Blick in die Kamera. Während die Porträts der Mönche Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen, fallen hier die stark geschminkten Lippen und Augen auf, welche die Ansprüche an eine perfekte Weiblichkeit fast zu stark erfüllen möchten. Die Titelgebung mag zuerst verwirren, ist 'Cut' im Englischen doch gleichzeitig Verb, Adjektiv und Substantiv. Doch ins Milieu der Transsexuellen übersetzt, beschreibt es jenen operativen Eingriff, durch welchen jener Körperteil hinter sich gelassen wird, welcher Männlichkeit ausmacht. Dass diese Porträts im Spannungsfeld belassen werden zwischen individueller Persönlichkeit und der Sehnsucht nach einer normierten, puppenhaft übersteigerten Weiblichkeit, macht ihren ganz besonderer Reiz aus.
Peter Stohler
Thomas Weisskopf
Geboren
1969
Ausbildung
Fotograf