Fabrice Gorgerat

Fabrice Gorgerat

Schweizer Preis Darstellende Künste 2025

Fabrice Gorgerat, 1971 im Kanton Waadt geboren, ist Regisseur, Dramaturg und Dozent, u.a. an der Hochschule für Darstellende Künste La Manufacture in Lausanne. Ausgebildet am Institut national supérieur des arts du spectacle in Brüssel, arbeitet er seit 1994 mit seiner Compagnie Jours tranquilles an dramaturgischen Recherchen zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen. Seine Kreationen zeichnen sich durch transdisziplinäre, sensorielle und performative Elemente aus, bei denen Theater und Tanz, Musik und visuelle Künste miteinander verwoben werden.

Die Arbeit der Compagnie Jours tranquilles basiert auf einer regelmässigen, perspektiverweiternden Zusammenarbeit zwischen Künstlerinnen, Künstlern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Ihre Stücke befassen sich unter anderem mit dem Ritual des Aufstehens in «Au matin» (2008), der provinziellen Melancholie in «Emma» (2011), den Folgen einer nuklearen Katastrophe in «Médée/Fukushima» (2014) oder Terroranschlägen in «Nous/1» (2019). Fabrice Gorgerat blickt hinter den Spiegel, in die Grauzone, wo das Unausgesprochene brodelt. Seine jüngste Inszenierung «Chienne» (2022), realisiert in Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Shannon Granger und der Musikerin Simone Aubert, ist eine Adaption des gleichnamigen Autofiktion-Buchs von Marie-Pier Lafontaine. Die Autorin spricht darin über ihre zerstörte Kindheit, Missbrauch und Traumata. Derzeit ist «Le corps de Claudine» in Vorbereitung, ein Werk das von Hypertechnologie und versagenden Körpern handelt.

Bei Fabrice Gorgerat und seiner Compagnie Jours tranquilles sollte man sich keinesfalls vom Schein der Freundlichkeit trügen lassen. Seine Stücke machen uns deutlich, dass ihn die grossen Fragen der Menschheit zutiefst bewegen: nukleare und Umweltkatastrophen, krankmachendes Essen, Kindesmisshandlung oder der Einsatz der Wissenschaft zur Wiederherstellung von Körpern, denen die Zeit zugesetzt hat. Die Stücke zeigen uns auch einen Menschen, der sich seiner Kunst gänzlich hingibt, der uns daran erinnert, dass das Leben eine unsichere Reise zwischen Tragödie und Glück ist und dass unser grösster Kampf vielleicht gerade darin besteht, unterwegs einige ruhige Tage – «quelques jours tranquilles» – zu finden.

Georges Grbic, Jurymitglied