Barbara Frey

Barbara Frey
© BAK / Charlotte Krieger

Barbara Frey

Beharrliche Regisseurin und Intendantin

Schweizer Grand Prix Darstellende Künste / Hans-Reinhart-Ring 2022

Barbara Frey, geboren 1963 in Basel, gilt als umsichtige Intendantin und geniesst als Regisseurin seit vielen Jahren im gesamten deutschsprachigen Raum eine hohe Anerkennung. Sie studierte an der Universität Zürich Germanistik und Philosophie, begann ihre künstlerische Karriere als Schlagzeugerin und Songwriterin und kam 1988 als Theatermusikerin unter Frank Baumbauer ans Theater Basel. Dort arbeitete sie auch als Regieassistentin. Sie inszenierte am Theater Neumarkt, am Nationaltheater Mannheim und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, bevor sie von 1999 bis 2001 Hausregisseurin an der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz und von 2005 bis 2008 in gleicher Funktion am Deutschen Theater Berlin wirkte. Als erste Frau in der Geschichte des Hauses war Barbara Frey von 2009 bis 2019 Intendantin des Schauspielhauses Zürich. Aktuell ist sie von 2021 bis 2023 Intendantin der Ruhrtriennale. Dieses grosse Kunstfestival lädt jedes Jahr zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler ein, die monumentale Industriearchitektur der Metropole Ruhr zu bespielen. Neben mehreren Einladungen ans Berliner Theatertreffen wurde Barbara Frey 2016 mit einem Schweizer Theaterpreis ausgezeichnet.  

Barbara Frey arbeitet seit 30 Jahren als Regisseurin. 1993 entstand am Theater Basel ihre erste Inszenierung «Ich kann es besonders schön» nach einem Text von Sylvia Plath. Sie inszenierte am Bayerischen Staatsschauspiel in München, wo «Onkel Wanja» 2004 zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde, ist Gast an allen namhaften Häusern im deutschsprachigen Raum, wird an die Salzburger Festspiele engagiert und arbeitet regelmässig am Burgtheater Wien, wo «Automatenbüffet», 2021 zum Berliner Theatertreffen eingeladen und mit dem Nestroy-Theaterpreis in der Kategorie «Beste Regie» ausgezeichnet wurde. 2009 debütierte sie als Opernregisseurin an der Bayrischen Staatsoper in München mit Janáčeks «Jenůfa» und inszenierte 2014 «Elektra» an der Semperoper Dresden. In der Zeit am Schauspielhaus Zürich entstanden viele Inszenierungen von Klassikern wie Büchners «Leonce und Lena» (2011), Tschechows «Drei Schwestern» (2014), Shakespeares «Hamlet» (2018) und zum Ende ihrer Intendanz «Die Toten» (2019) nach der Erzählung von James Joyce. Das vielbeachtete Werk zeigte sie nochmals an der Ruhrtriennale und stand 2020 in der Auswahl des Schweizer Theatertreffens. Barbara Frey förderte auch zeitgenössische Schweizer Autoren wie Lukas Bärfuss. Für die Ausgabe 2021 der Ruhrtriennale setzte sie Edgar Allen Poes «Der Untergang des Hauses Usher» in der imposanten Maschinenhalle der einstigen Zeche Zweckel in Gladbeck in Szene, 2022 folgt wiederum in Koproduktion mit dem Burgtheater Wien «Das weite Land» von Arthur Schnitzler.

Barbara Frey ist ein Vorbild in gleich mehreren Rollen. Da ist die Regisseurin, die Künstlerin, die mit intellektueller Strenge den grossen Stoffen der Literatur nachhorcht, Abgründe auslotet und die Nachtseiten unserer menschlichen Existenz in grosse Bilder übersetzt. Ihre Sprache ist die Detailfülle der Figuren in orchestrierten Tableaus. Nie sind das leere Ideengebäude, immer werden ihre Inszenierungen zum Erlebnisraum für die Sinne. Es gibt diese wunderbaren «Lücken», sie darf ich als Zuschauer besetzen − eben, weil nicht alles auserzählt wird. Ich werde eingeladen zu einer Komplizenschaft, in der Platz ist für meine eigene Fantasie. Und da ist die Intendantin Barbara Frey. Auch hier setzt sie auf Gemeinschaften. Sie wachsen zu lassen braucht Zeit, vor allem aber Aufmerksamkeit jeden einzelnen. Wer Intendantin sein will, muss gestalten wollen. Dass dies auch ohne Brechstange geht, hat Barbara Frey in ihrer zehnjährigen Intendanz in Zürich bewiesen und setzt diesen Weg auch als Intendantin der Ruhrtriennale weiter fort. Die Jury ehrt mit dem Grand Prix Darstellende Künste / Hans-Reinhart-Ring eine aussergewöhnliche Künstlerin und umsichtige Intendantin.

Markus Joss, Jurymitglied