Miroslav Šik

Prof. Miroslav Sik
© Honza Sakař

Miroslav Šik

«Ich verstehe Tradition farbig. Sehr konkret und nie abstrakt. Und schon gar nicht patriotisch.»

«Ich glaube, das Ensemble ist ein Orchester mit vielen Tönen, die einigermassen zueinander passen. Bitte einigermassen. Und nicht harmonisch. Und auch nicht denkmalpflegerisch. Sondern einigermassen. »

«Die Hauptsache aber ist: Man geht mit der Absicht an die Arbeit, dass die Leute partizipieren können – indem man ihre Traditionen berücksichtigt und ihre Orte.»

Prof. Miroslav Sik
© Honza Sakař

Unter dem eingängigen Kampfbegriff Analoge Architektur entwickelte Miroslav Šik (*1953 in Prag) in den 1980er Jahren an der ETH in Zürich eine folgenreiche architektonische Bewegung, welche die schweizerische Architektur und einige ihrer wichtigsten Vertreterinnen und Vertreter über Jahre hinweg prägen sollte. Die Strömung propagierte eine bewusste Abkehr von der klassischen Moderne, stellte aber gleichermassen eine Gegenbewegung zur intellektuellen, oft ironischen Postmoderne dar. Sie verarbeitete Einflüsse der unmittelbaren Umgebung, lokale Stimmungen und Traditionen des Bauens. In die kollektive Erinnerung der Schweizer Architekturschaffenden eingebrannt haben sich die grossformatigen, düsteren Zeichnungen von schwer einzuordnenden und in ihrer amodernen Art provozierenden Entwürfen. Die pamphletartigen Schriften von und die Interviews mit Miroslav Šik formulierten den theoretischen Hintergrund der Strömung und trugen zur grossen medialen Beachtung bei.

Nach dem Ende des akademischen Engagements an der ETH erfolgte in den frühen 1990er Jahren der Übertritt in die architektonische Praxis. Mit dem kirchlichen Zentrum in Egg (ZH), dem Kongresszentrum La Longeraie in Morges (VD) und dem Musikerwohnhaus in Zürich entstanden erste viel beachtete Bauten und Umbauten.

Nach Lehraufträgen in Prag und an der EPFL in Lausanne wurde Šik Anfang der 2000er Jahre ordentlicher Professor an der ETH in Zürich. Vermittelt wurde eine praxisnahe, versöhnliche Architektursprache zwischen Regionalismus, Traditionalismus und Moderne, die mit der Wortschöpfung altneue Architektur beschrieben wurde. In den fast zwanzig Jahren Architekturlehre an der ETH prägte Šik weitere Generationen von Architektinnen und Architekten.

Parallel zur Lehre setzte Šik seine Vorstellungen einer altneuen Reformarchitektur in die Praxis um. Es entstanden zahlreiche Wohnbauten, Altersheime, Bildungsbauten sowie Bauten für die Kirche. Umbauten und feinfühlige Umgestaltungen von oft denkmalgeschützten Innenräumen kamen als wichtige Tätigkeitsfelder hinzu. 2012 gestaltete Šik den Schweizer Pavillon an der Architekturbiennale in Venedig.

Seit 2018 ist Šik Professor an der Academy of Fine Arts in Prag. Nach wie vor betreibt er das Architekturbüro Šik Partner, nun zusammen mit Daniela Frei und Marc Mayor. Die Lehre und die Bauten Šiks wurden intensiv rezipiert und publiziert. Zu seinen Arbeiten sind die zwei Monografien Altneu (Luzern, 2000) sowie Miroslav Šik. Architektur 1988–2012 (Luzern, 2012) erschienen. Zu seiner Lehre ist das Buch Analoge Altneue Architektur (Luzern, 2018) erschienen. 2005 wurde Šik die Heinrich-Tessenow-Medaille verliehen. 2024 wurde Šik der Staatspreis des tschechischen Kulturministeriums verliehen.