Uriel Orlow

Uriel Orlow
© BAK, Florian Spring

Uriel Orlow

«Wir müssen uns eigentlich mit der Gegenwart auseinandersetzen, aber die Vergangenheit ist nicht vergangen. Sie ist immer noch mit uns über die Geister, über dieses haunting. Das hat sich über die Zeit in meiner Praxis auf ver­schiedene Weise artikuliert.»

«Pflanzen sind Zeuginnen der europäischen Kolonialgeschichte. Sie wurden in Expeditio­nen von europäischen Botanikern gesam­melt, neu benannt und ins europäische Klas­sifikationssystem eingespeist. Ausgehend von diesen Reflektionen ist meine Auseinandersetzung mit Pflanzen als Akteurinnen und nicht nur als Hintergrund menschlicher Geschichte entstanden.»

Uril Orlow

Marie-Eve Hildbrand / Terrain Vague, Lausanne

Uriel Orlow, geboren 1973 in Zürich, studierte am Central Saint Martins College of Art & Design in London, an der Slade School of Art in London sowie an der Universität Genf und promovierte an der University of the Arts in London. Er lebt und arbeitet in Lissabon, London und Zürich.

Uriel Orlows künstlerische Arbeitsweise ist re­cherchebasiert und prozessorientiert, sie ent­steht oft im Dialog mit anderen Menschen und Disziplinen und über einen längeren Zeitraum. Die von ihm entwickelten Projekte beschäf­tigen sich mit den Spuren des Kolonialismus, räumlichen Manifestationen von Erinnerung, sozialer und ökologischer Gerechtigkeit, blin­den Flecken der Repräsentation und Pflan­zen als politischen Akteurinnen. In mehrteili­gen Werkkomplexen, die in den letzten Jahren entstanden sind, wie etwa Theatrum Botani­cum (2015–2018), beschäftigt sich Uriel Orlow mit der Rolle von Pflanzen als Zeuginnen der europäischen Kolonialgeschichte und des Kli­mawandels sowie als Trägerinnen von Erin­nerung. Ausgehend von Pflanzen versucht er more-than-human entanglements («mehr als menschliche Verstrickungen») und andere For­men des Widerstandes zu entwerfen. Frühe­re Arbeiten, unter anderen The Benin Project (2007/2008) oder Unmade Film (2012/2013), beschäftigen sich mit dem Raub von Kulturgü­tern im Kolonialismus, der Notwendigkeit der Restitution und den materiellen und psycholo­gischen Dimensionen von Orten, die von histo­rischem Trauma geprägt sind.

Uriel Orlows mehrteilige Multimedia-Instal­lationen konzentrieren sich auf spezifische Orte, Mikronarrative und Formen der Heim­suchung. In seinen Ausstellungen setzen sich Installation, Fotografie, Film, Zeichnung und Ton in Bezug zueinander und thematisieren damit auch unterschiedliche Bildregime und Erzählweisen. Diese Fragmentierung reflek­tiert die Komplexität und Vielschichtigkeit der Inhalte seiner Arbeiten und lädt dazu ein, sich in seinen Ausstellungen als aktiv Beitragende zu bewegen. Neben Ausstellungen realisiert Uriel Orlow auch performative Arbeiten, Lec­ture Performances und Gärten in Zusammen­arbeit mit lokalen Gemeinschaften in London, Lubumbashi oder Kathmandu. Seine Werke entstehen in behutsamen Prozessen des Zu­hörens und der Aufmerksamkeit auf oft über­sehene Ereignisse und Nebenschauplätze der Geschichte und der Aktualität.

In der Schweiz waren Uriel Orlows Arbeiten jüngst in der Kunsthalle Nairs in Scuol sowie in Zürich im Kunsthaus, im Verein für Original­grafik und im Löwenbräu-Areal bei We Are Aia zu sehen. In Almada hat er derzeit eine Einzelausstellung in der Casa da Cerca und gleichzeitig sind seine Werke im MAMAC in Nizza, an der Kochi Biennale in Indien und am Macalline Art Center in Peking zu sehen.

Orlows Arbeiten wurden in zahlreichen inter­nationalen Überblicksausstellungen präsen­tiert, darunter an der 54. Biennale von Vene­dig, an der Manifesta 9 und 12, Genk/Palermo, sowie an Biennalen in Berlin, Dakar, Taipeh, Sharjah, Moskau, Kathmandu, Guatemala und vielen anderen.

Seine Arbeiten wurden auch in vielen interna­tionalen Museen und Kunstorten gezeigt, da-runter in London an der Tate, in der Whitechapel Gallery und am ICA; in Paris im Palais de Tokyo,in Zürich bei Les Complices, im Helmhaus und in der Shedhalle; sowie in Genf, Ramallah, Mar­seille, Kairo, Istanbul, Mexiko-Stadt, Dublin, New York, Toronto, Melbourne und anderswo.