Vivian Suter

Vivian Suter

«Meine Geisteshaltung ist wie eine Art Meditation, ich pflege eine osmotische Beziehung zur Natur, die sich ständig verändert. Ich denke, diese Wechselwirkung wird auch in meinem Schaffen sichtbar.» Vivian Suter

Statement der Jury

«Als Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission spreche ich oft mit Künstlerinnen und Künstlern, aber mein Gespräch mit Vivian Suter wird mir als einer der schönsten Momente der Kunstkritik in Erinnerung bleiben. Trotz der frustrierenden Distanz und ihrer ausgeprägten Zurückhaltung konnte ich ihr Leben fern der Einschränkungen einer üblichen Kunstkarriere entdecken und so in die innere Welt einer Künstlerin blicken, die radikale Entscheidungen getroffen und nie aufgegeben hat, bis die Kunstszene sie entdeckte. (…) Ich bin mir sicher, dass sie auch ein starkes Vorbild für die junge Generation ist, deren Zukunft mehr denn je von Unsicherheiten geprägt ist.» (Julie Enckell Julliard)

© BAK, Marie-Eve Hildbrand / Terrain Vague, Lausanne

Vivian Suter (geboren 1949 in Buenos Aires, lebt in Panajachel (Guatemala))

Vivian Suter stammt aus einer Künstlerinnenfamilie. Ihre Urgrossmutter war eine Künstlerin, ihre Mutter Elisabeth Wild (1922–2020) ebenso. Während sie aufwuchs, malte ihre Mutter die ganze Zeit hindurch. Bis Vivian Suter 13 Jahre alt war, lebte die Familie in Argentinien. In der Schweiz schloss sie anschliessend die Kunstgewerbeschule in Basel ab. Dort besuchte sie die Malklasse, lernte zudem Bildhauerei, Farbe und Schreiben. Bereits 1972 hatte sie ihre erste Ausstellung in der Galerie Stampa in Basel. 1981, im selben Jahr, in dem sie ein Bundeskunststipendium erhielt, wurde sie vom Kunsthistoriker und Kurator Jean-Christophe Ammann, der damals die Leitung der Kunsthalle Basel innehatte, zu einer Ausstellung eingeladen.

Als Vivian Suter 1983 im Anschluss an diese ersten Erfolge die Schweiz verliess, verstand die Kunstszene den Grund für ihr Leben in der Abgeschiedenheit nicht und vergass sie mehr oder weniger. Es dauerte, bis man sie wiederentdeckte. 2014 kehrte sie auf Einladung des Kurators Adam Szymczyk auf die Bildfläche und in die Kunsthalle Basel zurück: Im Rahmen der Einzelausstellung «Vivian Suter intrépida featuring Elisabeth Wild Fantasías 2» zeigte sie Arbeiten aus den vergangenen dreissig Jahren ihres Schaffens, zusammen mit ausgewählten Collagen von Elisabeth Wild. Adam Szymczyk war es auch, der sie – 45 Jahre nach ihrer ersten Reise zur Documenta – an der 14. Ausgabe in Kassel und in Athen präsentierte. Bis dahin hatte Vivian Suter fernab der Kunstwelt inmitten einer Kaffeeplantage in Guatemala gearbeitet und ihre künstlerische Praxis weiterentwickelt. Ihr war es – losgelöst von all diesen Einflüssen – gelungen, eine eigenständige Sprache zu entwickeln, der die Momente ihrer Entstehung eingeschrieben sind.

Die Natur war bis dahin Vivian Suters Atelier und ist es noch heute: «Sie müssen klettern, um dorthin zu kommen, und durch Pflanzen und Bäume gehen. Sie sind mitten im Vogelgezwitscher und im Geruch der Erde und der Früchte. Anscheinend müssen Sie zuerst einen Platz suchen im Wald, um malen zu können.» (Julie Enckell Julliard)

Die Eigenheiten dieses spezifischen Produktionskontextes werden auch im Rahmen ihrer Ausstellungen spürbar, wenn die in den Raum gestellten oder gehängten Gemälde zu Teilen einer riesigen Textilskulptur zusammenkommen. Sich darin zu bewegen, kommt einer immersiven Erfahrung gleich, die einen in die Ferne und die Dichte des Regenwaldes reisen lässt.

Das herausragende Schaffen von Vivian Suter wird dieses Jahr gleich mit zwei Einzelausstellungen geehrt: im Juni im Museo Reina Sofía in Madrid und im November mit «Vivian Suter Retrospektive» im Kunstmuseum Luzern.